Nur wenige einsame Seelen haben sich am Sonntagabend, 06. November 2016 nach Luzern in die Schüür verirrt. Das warme Haus für God Is An Astronaut nochmals zu verlassen hat sich trotzdem gelohnt.

Ich erreichte die Schüür gerade noch rechtzeitig. Der Opening Track von God Is An Astronaut empfing mich in der guten Stube. Danach folgten  bereits meine Lieblingslieder: Pig Powder und Echoes. Nach diesen überraschenden Höhepunkten zu Beginn, hatte ich Zeit, mich in der Location umzusehen, die Atmosphäre ein wenig wirken zu lassen. Nicht wirklich viele Leute für ein Konzert, vielleicht zur Hälfte voll, stellte ich schnell fest. Ja, es ist Sonntagabend, ja das Wetter war nicht wirklich einladend. Trotzdem: Die arme Band muss vor wenigen Leuten spielen. Dann dachte ich, Post-Rock ist halt nicht für alle und bin froh, nach dem Oktober Höhepunkt – das Bergmal-Festival (erstes Post-Rock Festival der Schweiz), gerade nochmals in den Genuss davon kam. God Is An Astronaut spielt in der Schüür ihr letztes Konzert vor dem Heimspiel in Dublin, wie die Jungs dem Publikum mitteilen.

Ein Genre-Schwergewicht in Luzern

Seit 2002 gibt es die Post-Rock-Formation. Lange genug um als eine der einflussreichsten Post-Rock Bands gehandelt zu werden. Ihr ungewöhnlicher Bandname stammt aus einem Zitat des 90er – Horror-Films„Nightbreed“. Der Zuschreibung als einflussreiche Band  wird sie gerecht: Wenn man in den Weiten der YouTube Channels dahinreist – auf der Suche nach neuen Perlen der Post-Rock Szene, kommt man um diese Band nicht herum. Kraftvolle Klanggebilde, die sich langsam und leise aufbauen, um sich schlussendlich in lauten Höhepunkten entladen, spielen bei God Is An Astronaut – und natürlich beim Post-Rock allgemein, eine zentrale Rolle.

Letztes Jahr haben die Iren ihr aktuellstes Werk Helios | Erebus herausgebracht, mit dem die Band um die Brüder Torsten und Niels jetzt auf Tour ist. Das Album ist ein zeitloses Werk mit starken Melodien und schweren Bässen – und nach sieben vorausgehenden Alben sicher eines ihrer stärksten. Eines, auf dem sie ihren Stil nochmals festigen konnten. Das Online-Musikmagazin laut.de bringt es auf den Punkt, was die Band ausmacht: „God Is An Astronaut verstehen es, Melancholie als positives Gefühl zu verpacken. Die Melodien suhlen sich in Sehnsucht, lassen aber immer Platz für Sonnenstrahlen.“

 Ein Hauch von Metal

Genauso fühlte sich auch das Konzert an. Mit Leidenschaft standen die Musiker auf der Bühne. Ungestört der Tatsache, dass das Haus nicht voll war, gingen sie völlig in ihren Klängen auf. Das schwarze Backdrop mit den weissen Lichtern simulierte erfolgreich einen endlosen Sternenhimmel. Die gewaltigen Gitarrenwände wurden abgelöst von schwerem, schleppendem Schlagwerk, dass mich dazu nötigte, meinen Körper ganz der Musik hinzugeben und eine Art Trancezustand einzunehmen. „Toll! Metal, nur ohne Gesang“, denke ich kurz, bevor mich die Soundwellen dazu bringen, mein Kopf rhythmisch hin und her zu bewegen. Und das, obwohl ich damit vor einigen Jahren aufgehört habe – auf Empfehlung meines Physiotherapeuten. Als die letzten Töne verklingen, merke ich, das wohl nicht alle im Metal-Kosmos zuhause sind. Die meisten stehen ziemlich unbeweglich auf ihren Plätzen, schauen auf die Bühne. Ich frage mich, was in ihren Köpfen vorgeht.

Zum Glück kann God Is An Astronaut auch anders und nimmt Rücksicht auf Nicht-Metal-Hörer. Bei Vetus Memoria, ebenfalls vom neusten Album, nimmt die Band zum Einstieg die Zuhörer mit einer lieblichen Piano-Melodie behutsam an die Hand, bevor sie nur in der letzten Minute des Stücks einmal Vollgas gibt. Mit Fragile, einer der wenigen Songs, der ein paar kurze Gesangseinlagen beeinhaltet, bedankt sich die Band für die bisherige Unterstützung und widmete den Song den Fans.

Obwohl auch ich am Abend nur widerwillig das Haus verliess, bereute ich es schon ab der ersten Minute keine Sekunde. Ein ziemlich ereignisloser, grauer Sonntag mit solch energiegeladener, emotionaler Musik ausklingen zu lassen – daran könnte man sich gewöhnen. Ausserdem habe ich jetzt noch etwas zu tun. Ich werde mir „Nightbreed“ ansehen und die ganzen 97 Minuten darauf warten, bis das Zitat fällt, das der Band ihren Namen gegeben hat.

Die ganze Setlist der Tour kann man sich hier anschauen.

Songs of outer space
8.4Gesamtpunktzahl
Band Auftritt10
Sound Qualität10
Atmosphäre7
Publikum5
Organisation10